Vergehendes Erzahlen. Philosophische, psychologische und narratologische Dimensionen des Zeitbegriffs in Thomas Manns Der Zauberberg

Der Zauberberg ist von der Forschung unter Ruckgriff auf einen von Thomas Mann selbst verwendeten Begriff haufig als Zeitroman beschrieben worden. Dabei hat oft die Frage nach den historischen und literaturgeschichtlichen Zusammenhangen des Texts - als Ruckblick auf das Vorkriegseuropa beziehungsweise als Spiegel der klassischen Moderne - im Mittelpunkt gestanden. Der vorliegende Artikel widmet sich der Zeitthematik des Romans aus einem anderen Blickwinkel. Zum einen zeichnet er nach, welche Zeitdiskurse - von Schopenhauer uber Nietzsche und Bergson bis Einstein - sowohl auf inhaltlicher als auch auf narrativer Ebene ihren Niederschlag im Zauberberg gefunden haben. Zum anderen illustriert er, wie die poetologische Dimension des Romans in der literaturwissenschaftlichen Theoriebildung der fruhen Bundesrepublik (bei Kate Hamburger, Hans Robert Jauss und Gunther Muller) teils implizit und teils explizit nachgewirkt hat. Der Artikel zeigt auf, in welchem Umfang Manns literarisches Reflektieren uber die schriftstellerischen Moglichkeiten der Zeitdarstellung die Unterscheidung zwischen Erzahlzeit und erzahlter Zeit antizipiert hat und argumentiert vor diesem Hintergrund fur eine Lekture des Zauberbergs als eines Zeitromans in einem breiteren theoriegeschichtlichen Sinn.

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This article explores the theme of time in "The Magic Mountain" from a different perspective. It traces the various discourses on time that are reflected both in the content and narrative of the novel, and examines how the poetics of the novel have influenced the literary theory of the early Federal Republic. The article argues that "The Magic Mountain" should be read as a time novel in a broader theoretical-historical sense.